Sie sind der Hebel!
Das heutige Führungsbild: Führungskräfte sind die Hebel der Organisation. Sie sind dazu da, mit wenig Einsatz die großen Brocken im Unternehmen in Bewegung zu setzen. Doch welcher Hebel sind Sie? Brecheisen oder Nagelfeile?
"Gebt mir einen Hebel, der lang genug, und einen Angelpunkt, der stark genug ist, dann kann ich die Welt mit einer Hand bewegen."
-- Archimedes
Mit diesen Worten formulierte Archimedes im 3. Jahrhundert vor Christus sein berühmtes Hebelgesetz. Wir alle kennen diese Wirkung im Alltag, ob beim Wechsel des Autorads mit einem Wagenheber oder beim Entfernen verbogener Nägel mit einer Zange.
Für Sie als Führungskraft gilt das gleiche. Sie sind der Versuche eines Unternehmens, mit Hilfe eines Hebels (Sie) an einem starken Angelpunkt (Führungsposition) einen großen Effekt (der Output Ihres Teams) zu erzielen. Oder mit den Worten von Andrew Grove, dem langjährigen Intel-CEO:
"Die Arbeitsleistung eines Managers ist die Arbeitsleistung der Organisationseinheit unter seiner Führung oder seinem Einfluss."
-- Andrew Grove
Diese Sichtweise hat starke Auswirkungen auf Ihre Arbeit als Manager, wie Grove auch sehr detailliert in seinem Buch "High Output Management" beschreibt. Denn es bedeutet, dass Sie sich in jedem Moment bewusst machen müssen, wie groß der Hebel ist, mit dem Sie gerade arbeiten. Ist die Aufgabe, die Sie gerade erledigen, dazu geeignet, die Arbeitsleistung Ihrer gesamten Abteilung zu verbessern? Oder arbeiten Sie gerade an einem ebenso kurzen Hebel wie Ihre Mitarbeitenden, nämlich 1:1 an einer Aufgabe?
Beispiele für Tätigkeiten mit einem tendenziell geringen Hebel
- Die von einem Mitarbeitenden angefertigte Präsentation überabeiten.
- Die Reisekostenabrechnung eines Mitarbeitenden kontrollieren.
- Das Konzept für den nächsten Messeauftritt schreiben.
Beispiele für Tätigkeiten mit einem tendenziell großen Hebel
- Eine Schulung für die Angestellten unter dem Titel "Wie ich eine gute Präsentation baue" geben.
- Eine Angestellte bitten, eine Software zu implementieren, welche die Reisekostenabrechnungen automatisch überprüft.
- Die idealen Kandidat:innen für die Planung eines Messeauftritts im Haus ausfindig machen und Ihnen in einem Kick-Off erklären, was die Ziele des Projekts sind.
Perfektionismus ist weniger wichtig als ein Bewusstsein für die richtigen Hebel
Viele Führungskräfte stellen sich selbst eine Falle, indem sie die Arbeitsergebnisse ihrer Mitarbeitenden sorgfältig kontrollieren und notfalls korrigieren. Dabei bemerken sie nicht, dass dies eine Tätigkeit mit einem geringen Hebel ist. Es ist, als würden sie versuchen, mit eine Nagelfeile ein Auto anzuheben. Natürlich, DIESES Arbeitsergebnis profitiert von der hohen Aufmerksamkeit der (fachlich oft sehr guten) Führungskraft. Aber das GESAMTERGEBNIS des Teams wird nicht in dem Maße gesteigert, wie es der Führungskraft möglich wäre.
Der Perfektionismus dieser Menschen führt dazu, dass Sie Ihre Zeit im Kleinen verbringen, anstatt das Große zu bewegen.
Die Arbeitszeit der Führungskaft wäre besser investiert, wenn Tätigkeiten übernommen würden, die eine deutlich höhere Hebelwirkung haben: z.B. Mitarbeiterentwicklung, Netzwerken, Coaching, das Etablieren wichtiger Standards oder die Beschäftigung mit der Abteilungsstrategie.
Je langfristiger die Wirkung einer Tätigkeit vorhält und je mehr Leute sie erreicht und verändert, desto größer ist ihr Hebel. Nicht zuletzt deshalb sieht Grove Training als eines der wichtigsten Werkzeuge im Koffer von Manager:innen.
"Ein Manager hat allgemein zwei Möglichkeiten, um das Niveau der individuellen Leistung seiner Mitarbeitenden zu erhöhen: indem er die Motivation erhöht oder indem er ihre Kompetenz erhöht. [...] Training ist, einfach gesagt, einer der größten Hebel, den ein Manager nutzen kann."
-- Andrew Grove
Aber gemeinsam mit Mitarbeitenden über die Fehler in ihrem letzten Report zu gehen ist kein Training. Es scheint nur, als würde es Wissen vermitteln. Meist sind die Korrekturen aber zu spezifisch und führen nicht zu einem langfristigen Lerneffekt.
Gutes Training ist ein didaktisch aufgebautes, auf allgemeine Prinzipien zielendes Format für einzelne oder eine Gruppe von Menschen. Wie viele Führungskräfte kennen Sie, die solche Formate im Rahmen ihrer Führungsverantwortung anbieten? Wie oft nutzen Sie diese selbst in Ihrer Position?
Die eigene Hebelwirkung ermitteln: Machen Sie sich in 5 Minuten mit einer einfachen Tabelle eine Übersicht
Um herauszufinden, wie wirksam Sie als Hebel sind, setzen Sie sich einfach kurz vor dem Feierabend für 5 Minuten hin und machen Sie eine kurze Auflistung aller Tätigkeiten ihres Tages. Schreiben Sie hinter jede Tätigkeit, was durch diese Aufgabe beeinflusst wurde:
- Diese eine Aufgabe?
- Eine:r Ihrer Mitarbeitenden?
- Ihr Team/Ihre Abteilung?
- Die gesamte Unternehmenseinheit?
- Das Unternehmen an sich?
Je weiter unten in der Auflistung Ihre Einschätzung landet, desto größer war Ihr Hebel. Wenn Sie sehr regelmäßig die oberen beiden Kategorien notieren, sollten Sie darüber nachdenken, ob Sie nicht einfach einmal radikal umstellen wollen: legen Sie das Mikromanagement beiseite und akzeptieren Sie, dass dadurch einige Fehler durchlaufen, bis die Mitarbeitenden sich auf die fehlende Korrekturschleife eingestellt haben. Nutzen Sie die freiwerdende Zeit für Tätigkeiten aus dem unteren Teil der Liste. Sie werden sehen, in kürzester Zeit werden sich die Arbeitsergebnisse Ihres Teams deutlich verbessern - und das sogar mit weniger Zeiteinsatz.
Also los, Sie Weltbeweger, hebeln Sie!